
Per BMF-Schreiben vom 9. April 2020 – BStBl I S. 503 hat die Bundesregierung erstmals den Grundstein dafür gelegt, dass Arbeitgeber die Möglichkeit haben, ihren Arbeitnehmern bis zu 1.500 Euro Beihilfen zur Abmilderung der Folgen der Corona-Krise steuer- und sozialversicherungsfrei auszuzahlen. Diese Möglichkeit wurde nun mit Einführung des § 3 Nr. 11a EStG sogar in einen gesetzlichen Rahmen gefasst. Viele Arbeitgeber machen von dieser Regelung bereits gebraucht und erstatten ihren Mitarbeitern Aufwendungen, die diesen beispielsweise durch ihre Tätigkeit im Homeoffice oder geschlossene Kitas und Schulen enstanden sind, Dennoch gibt es noch immer Unklarheiten in der Anwendung dieser steuerfreien Beihilfen – beispielsweise, ob auch eine Zahlung an entsandte Mitarbeiter möglich ist. Schauen wir uns daher die Regelung und ihre Hintergründe einmal genauer an.
Der neu eigeführte § 3 Nr. 11a EStG regelt, dass Arbeitgeber, zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn, in der Zeit vom 1. März bis zum 31. Dezember 2020 auf Grund der Corona-Krise an ihre Arbeitnehmer in Form von Zuschüssen und Sachbezügen gewährte Beihilfen und Unterstützungen bis zu einem Betrag von 1.500 Euro steuerfrei auszahlen dürfen. Hierdurch soll grundsätzlich das in der Krise besonders geforderte Personal (Stichwort systemrelevante Berufe) steuerlich gefördert werden. Allerdings wird im Steuerrecht nicht nach Berufsgruppen oder Branchen getrennt und somit steht diese steuerliche Begünstigung allen Sonderzahlungen in allen Branchen offen, sofern die entsprechenden Voraussetzungen erfüllt sind.
Um davon zu profitieren, müssen entsprechende Leistungen zusätzlich zum geschuldeten Arbeitslohn gezahlt werden. Dies ist immer dann erfüllt, wenn sie nicht auf den Anspruch auf Arbeitslohn angerechnet werden, der Anspruch auf Arbeitslohn nicht zugunsten der Leistung herabgesetzt wird, sie nicht anstelle einer bereits vereinbarten künftigen Erhöhung des Arbeitslohns gewährt wird und bei Wegfall der Leistung der Arbeitslohn nicht erhöht wird. Näheres dazu hier. Ferner sind nur Zahlungen begünstigt, die in Folge der Corona-Pandemie geleistet werden.
Soweit, so gut. Befinden sich Arbeitgeber und Arbeitnehmer beide in Deutschland in einem „normalen“ Arbeitsverhältnis, dürften die genannten Voraussetzungen leicht zu prüfen und die vorgesehenen Leistungen entsprechend zu bewerten sein. Was nun aber, wenn Unternehmen ihre Mitarbeiter während der Corona-Krise ins Ausland entsandt haben oder gar als aufnehmendes Unternehmen für ausländische Mitarbeiter in Deutschland fungieren? Hier wird die Sache schon komplizierter.
Grundsätzlich stellen sich hier zwei Fragen: Ist das deutsche Unternehmen „Arbeitgeber“ im Sinne des Gesetzes und sind die betreffenden Mitarbeiter folglich „Arbeitnehmer“? Und fallen die entsandten Mitarbeiter überhaupt unter den Geltungsbereich des Gesetzes?
Nach Meinung der Finanzämter ist der neuen Regelung des § 3 Nr. 11a EStG der lohnsteuerliche Arbeitgeberbegriff zugrunde zu legen. Vor allem vor dem Hintergrund, dass dieser gem. § 38 Abs. 1 Satz 2 EStG zum Lohnsteuereinbehalt verpflichtet ist, und die neue Regelung des § 3 Nr. 11a EStG zwingend eine Aufzeichnung der coronabedingten Sonderzahlungen im Lohnkonto erfordert, ergibt diese Sichtweise durchaus Sinn.
Auch wenn weder das Einkommensteuergesetz, noch die Lohnsteuer-Durchführungsverordnung den Begriff des „Arbeitgebers“ näher bestimmt, ergeben sich dennoch sowohl aus der Rechtssprechung, als auch aus anderen lohnsteuerlichen Vorschriften Merkmale, die zur Begriffsdefinition herangezogen werden können. So ist ein Unternehmen lohnsteuerlicher Arbeitgeber, wenn:
Ebenfalls als entscheidend für die Eigenschaft als lohnsteuerlicher Arbeitgeber wird oft angesehen, dass ein Unternehmen in der Lage sein muss, aus eigenem Entscheidungsermessen Arbeitnehmer einzustellen und zu entlassen.
Im Falle von Auslandsentsendungen konzentriert sich die Beurteilung, wer für den entsandten Mitarbeiter während seines Auslandsaufenthaltes als lohnsteuerlicher Arbeitgeber anzusehen ist, in der Regel auf die Eingliederung des Mitarbeiters in das Unternehmen. Damit ist im Entsendungsfall der wirtschaftliche Arbeitgeber gemäß DBA in der Regel mit dem lohnsteuerlichen Arbeitgeberbegriff gleichzusetzen.
Generell lässt bei Auslandsentsendungen – den DBA Regelungen entsprechend – also festhalten, dass bei Aufenthalten von bis zu drei Monaten nicht von einer Eingliederung der Mitarbeiter in das aufnehmende Unternehmen auszugehen ist. Lohnsteuerlicher Arbeitgeber bleibt insofern jeweils das heimatliche Unternehmen. Für die Zahlung von coronabedingten Beihilfen an Mitarbeiter bedeutet dies folgendes:
Outbound:
Wird ein Mitarbeiter für maximal drei Monate im Ausland eingesetzt, können ihm problemlos Zahlungen gem. § 3 Nr. 11a EStG gewährt werden, da das deutsche Unternehmen zweifelsfrei lohnsteuerlicher Arbeitgeber bleibt. So obliegen ihm auch weiterhin die Lohnsteuerabzugsverpflichtungen gem. § 38 Abs. 1 Satz 2 EStG. Wichtig ist, dass auch über steuerfreie coronabedingte Beihilfen Aufzeichnungen im Lohnkonto des Mitarbeiters geführt werden müssen.
Inbound:
Für Mitarbeiter, bei denen das inländische Unternehmen für eine Dauer von maximal drei Monaten als aufnehmendes Unternehmen fungiert, können entsprechend keine steuerfreien Beihilfen gem. § 3 Nr. 11a EStG gezahlt werden, da das deutsche Unternehmen mangels Eingliederung nicht lohnsteuerlicher (wirtschaftlicher) Arbeitgeber wird.
Werden Mitarbeiter für eine Dauer von mehr als drei Monaten im Ausland eingesetzt oder von einem deutschen Unternehmen aufgenommen, ist eine genaue Prüfung erforderlich. Entscheidend ist hier das Gesamtbild der Verhältnisse. Ulrike Hasbargen, Partnerin bei EY, hat die Anforderungen in einem Beitrag im Handelsblatt einmal sehr schön beschrieben: „Nach der Auffassung des BFH ist ein wirtschaftliches Arbeitsverhältnis danach zu beurteilen, innerhalb welcher Arbeitsorganisation der Arbeitnehmer tätig wird, welche Zeit- und Tätigkeitsvorgaben der Arbeitnehmer tatsächlich Folge leistet, so dass er als weisungsgebunden in die Organisation des Arbeitgebers eingegliedert betrachtet werden kann, wem der wirtschaftliche Erfolg der Tätigkeit des Arbeitnehmers zugute kommt bzw. wer das Risiko der Tätigkeit des Arbeitnehmers trägt. Von ganz besonderer Bedeutung ist aus deutscher Sicht schließlich, wer tatsächlich den Aufwand für den Arbeitslohn nach den allgemeinen Regelungen über die Gewinnabgrenzung zwischen verbundenen Unternehmen (sog. Verrechnungspreisgrundsätze) tatsächlich trägt bzw. nach den einschlägigen Fremdvergleichsgrundsätzen hätte tragen müssen.“ Den gesamten Artikel finden Sie hier.
Generell sind längerfristige Entsendungen (mehr als drei Monate) in der Regel so gestaltet, dass das aufnehmende Unternehmen zum wirtschaftlichen Arbeitgeber (gem. DBA) wird, weil es die Kosten der Entsendung trägt und dem Mitarbeiter gegenüber weisungsbefugt hinsichtlich seiner Tätigkeiten und Arbeits- sowie Urlaubszeiten ist. Entsprechend geht das Besteuerungsrecht auch in der Regel ins Gastland über, selbst wenn der Mitarbeiter im Heimatland ansässig bleibt (bspw., weil die Familie im Heimatland verbleibt). Für die Möglichkeit der Zahlung von steuerfreien Coronabeihilfen nach § 3 Nr. 11a EStG bedeutet das folgendes:
Outbound:
Sofern bei einem von Deutschland ins Ausland entsandten Mitarbeiter das ausländische Unternehmen zum wirtschaftlichen (und damit lohnsteuerlichen) Arbeitgeber wird, besteht keine Möglichkeit der steuerfreien Gewährung von coronabedingten Leistungen.
Anders verhält es sich, wenn Entsendungen so gestaltet werden, dass der betreffende Mitarbeiter nicht in das ausländische Unternehmen eingegliedert wird. Dies kann beispielsweise der Fall sein, wenn er lediglich überwachende oder anleitende Tätigkeiten im Auftrag seines entsendenden Arbeitgebers wahrnimmt, z.B. zur Einführung neuer Systeme oder Inbetriebnahme neuer Anlagen im Tochterunternehmen im Ausland.
Inbound:
Sofern bei einem aus dem Ausland nach Deutschland entsandten Mitarbeiter das deutsche, aufnehmende Unternehmen zum wirtschaftlichen (und damit lohnsteuerlichen) Arbeitgeber wird, können steuerfreie coronabedingte Sonderzahlungen auch ausländischen Mitarbeitern gewährt werden. Auch hier kann es sich anders verhalten, wenn lediglich überwachende oder anleitende Tätigkeiten ausgeführt werden.
Ob Arbeitgeber die Möglichkeit haben, auch entsandten Mitarbeitern eine steuerfreie, coronabedingte Sonderzahlung in Höhe von bis zu 1.500 Euro zu gewähren, richtet sich danach, ob sie gegenüber den entsprechenden Mitarbeitern als „lohnsteuerlicher“ Arbeitgeber anzusehen sind. Hierzu sind bei Auslandsentsendungen die Kriterien des wirtschaftlichen Arbeitgebers gemäß DBA heranzuziehen. Sind demnach die Mitarbeiter in das inländische Unternehmen eingegliedert und trägt dieses die Kosten der Entsendung, kann von einem wirtschaftlichen Arbeitgeber ausgegangen werden.
Unproblematisch ist die Situation bei Outbounds, die maximal drei Monate ins Ausland entsandt sind oder waren. Hier bleibt das deutsche Unternehmen in der Regel lohnsteuerlicher Arbeitgeber und somit ist eine Zahlung gem. § 3 Nr. 11a EStG möglich. In allen anderen Fällen ist eine Einzelfallprüfung vorzunehmen, bei der die Gesamtumstände der Entsendung bewertet werden müssen.
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